Was ist eine Grundschuld?

In einem anfänglichen Telefonat mit einem Ratsuchenden ist eine meiner ersten Fragen immer die nach dem Grundbuchinhalt. Das Grundbuch ist nämlich sehr wichtig. Ohne dessen Inhalt zu kennen, kann ich kaum eine Auskunft geben. Auf meine Frage höre ich häufig, es wäre alles schuldenfrei. Dann bitte ich darum, mir den Grundbuchauszug zu übermitteln. Und oft stelle ich dann fest, dass das Grundbuch mit Grundschulden bis zur Halskrause vollgeknallt ist. Dann frage ich zurück: „Sie haben mir doch gesagt, das Haus wäre schuldenfrei?“ Als Antwort höre ich dann meistens, diese Grundschulden spielten keine Rolle mehr. Sie wären schon vor 50 Jahren von den Großeltern bezahlt worden. Das stimmt jedoch nicht. Sondern das ist ein Missverständnis. Viele Menschen wissen nämlich gar nicht, was eine Grundschuld überhaupt ist. Also was ist eine Grundschuld?

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Was ist eine Grundschuld?

Die Juristen haben dazu einen dummen Spruch: „Eine Grundschuld ist eine Schuld ohne Grund.“ Er trifft aber den Kern der Sache. Eine Grundschuld ist nämlich in der Tat eine eigenständige Schuld. Und sie sagt nichts darüber aus, warum diese Schuld besteht. Man kann also keinen Grund erkennen, warum es diese Schuld überhaupt gibt.

Wenn Sie sich von einer Bank 100.000 € leihen, dann wird die Bank mit Ihnen einen Darlehensvertrag abschließen. Und ein notarielles Schuldanerkenntnis verlangen. Sie verpflichten sich natürlich, das Darlehen zurückzuzahlen. Damit werden Sie persönlicher Schuldner der Bank. Die Juristen sprechen dabei von einer „schuldrechtlichen Schuld“.

Was ist eine Grundschuld: Pfandrecht an dem Grundstück

Außerdem möchte die Bank natürlich eine Sicherheit haben. Es könnte ja sein, dass Sie das Darlehen nicht zurückzahlen können. Sie könnten krank werden, arbeitslos, sterben. Die Bank möchte ihr Geld natürlich trotzdem zurück haben. Die Bank wird von Ihnen eine Grundschuld haben wollen. Nur was ist eine Grundschuld? Die Grundschuld ist ein Pfandrecht an dem Grundstück. Sie räumen der Bank damit also das Recht ein, das Pfand zu verwerten, falls Sie nicht mehr zahlen können. Die Verwertung des Pfandrechts an dem Grundstück geschieht durch die Zwangsversteigerung des Grundstücks. Aus dem Erlös der Versteigerung hofft die Bank dann, sich bezahlt machen zu können.

Was ist eine Grundschuld: Eine Schuld ohne Grund. Da man aus der Grundschuld nicht ersehen kann, warum sie begeben wurde, muss zwischen dem Darlehen und der Grundschuld ein Zusammenhang geschaffen werden. Das ist die Zweckbestimmungserklärung. Daraus geht her vor, warum die Grundschuld überhaupt existiert. Das ergibt sich nicht aus der Grundschuld selbst.

Wenn Sie der Bank also ein notarielles Schuldanerkenntnis gegeben haben, dann schulden Sie der Bank also die geliehenen 100.000 €. Die schulden Sie der Bank also persönlich (schuldrechtlich). Außerdem haben Sie der Bank als Sicherheit eine Grundschuld über 100.000 € gegeben. Das ist eine eigenständige Schuld. Also eine zweite Schuld. Die Juristen sprechen dabei von einer „dinglichen Schuld“. Sie könnten sagen, das Haus schulde der Bank die Grundschuld. Dann schulden Sie der Bank also im Prinzip 200.000 €. Natürlich darf sich die Bank aus diesen beiden Schulden nur einmal bezahlt machen.

Muss man eine Grundschuld bezahlen?

Was ist eine Grundschuld? Muss man Sie bezahlen? Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass man eine Grundschuld bezahlen müsse. Sogar beim Finanzamt ist mir dieser Irrtum begegnet. Man ist also nicht dazu verpflichtet, die Grundschuld zu bezahlen. Man muss nur darauf gefasst sein, dass die Grundschuld verwertet wird, falls man das Darlehen nicht bezahlt.

Was ist eine Grundschuld? Haben die Großeltern in dem obigen Beispiel also die Grundschuld bezahlt? Nein, die Großeltern haben nicht die Grundschuld bezahlt, sondern sie haben das Darlehen zurückgezahlt. Dieses Darlehen wurde durch die Grundschuld besichert. Die Grundschuld wurde aber nicht bezahlt. Man hätte von der Bank die Bewilligung zur Löschung verlangen können. Dann hätte man die Grundschuld im Grundbuch löschen lassen können. Wenn man das aber nicht getan hat, dann steht sie noch im Grundbuch. Und dann wird sie bei der Teilungsversteigerung als bestehen bleibendes Recht (siehe dort) zu übernehmen sein.

Der Ersteher in der Teilungsversteigerung wird diese übernommene Grundschuld auch bezahlen müssen, wenn er sie ablösen will! Unabhängig davon, dass das Darlehn längst zurückgezahlt wurde. Die Grundschuld valutiert also nicht mehr. Bezahlen muss der Ersteher sie trotzdem, wenn er ablösen will. Denn die Grundschuld ist ja eine eigenständige Schuld, unabhängig von dem Darlehen. Wenn das Darlehen zurückgezahlt wurde, dann steht die Grundschuld aber den Eigentümern zu. Diese erhalten also letztlich die Zahlung des Erstehers auf die Grundschuld.

Was ist eine Grundschuld: nicht gleichbedeutend mit Darlehen

Was ist eine Grundschuld? Eine Grundschuld ist also nicht gleichbedeutend mit einem Darlehen. Dieser gedankliche Fehler wird oft gemacht. Jedoch bedeuten diese beiden Begriffe etwas völlig Unterschiedliches. Bitte verwechseln Sie das also nicht.

Viele Grüße

Ihr Klaus Dreyer

 

 

4 Gedanken zu „Was ist eine Grundschuld?“

  1. Hallo Herr Dreyer,

    Ich habe nun einige Ihrer Artikel hierzu gelesen, die übrigens alle sehr gut und verständlich geschrieben sind.

    Eines ist für mich jedoch weiterhin unklar: Ich verstehe es so, dass ich als Bieter letztlich mein tatsächliches Gebot PLUS die Grundschuld bezahlen muss, wobei die Grundschuld direkt an die entsprechende Bank zu zahlen ist.
    In Ihren Artikeln zum geringsten Gebot fließt die Grundschuld aber jeweils in die Summe für das geringste Gebot mit ein. Wie ist das zu verstehen? Ist mein Verständnis falsch, dass ich von meinem Höchstbetrag erst die Grundschuld subtrahieren muss um mein Höchstgebot zu errechnen?

    Vielen Dank im Voraus!

    1. Hallo Herr Hartmut,

      Ihr Verständnis ist richtig.

      Das Problem besteht nur in der Definition der verwendeten Begriffe. Wenn Sie von „tatsächlichem Gebot“ sprechen, so nenne ich das „Bargebot“. Das Bargebot ist das, was man im Termin nennt und dann auch an das Gericht zu zahlen hat. Außerdem muss man noch die Grundschuld an die Bank bezahlen. Da man durch Übernahme der bestehen bleibenden Grundschuld (an Zahlungs statt) quasi auch schon eine Zahlung geleistet hat, gilt für mich die Formel:
      Gesamtgebot = Bargebot + Grundschuld

      Auch das geringste Gebot setzt sich aus zwei Teilen zusammen:
      1. der „bar“ zu zahlende Teil (= an das Gericht zu zahlen)
      2. die bestehen bleibenden Rechte (z.B. Grundschulden)

      Ich hoffe, dass es so klar geworden ist.

      Viele Grüße

      Ihr Klaus Dreyer

      1. Vielen Dank, Herr Dreyer. Dieser Teil ist nun nochmal klarer geworden.

        Dazu passend hätte ich aber noch zwei Folgefragen:
        1. Auf welchen Teil muss die Grundsteuer gezahlt werden? Betrifft das nur das Bargebot oder werden sie dann auf das Gesamtgebot berechnet?
        2. Sie schreiben in Ihren Artikeln sehr verständlich, dass nicht mehr valutierte Grundschulden dennoch vom Höchstbietenden übernommen werden müssen. Ich nehme an, dies gilt auch für Grundschulden, deren Löschungsvormerkung bereits von den alten Eigentümern beantragt wurde? Nach meinem Verständnis müssen auch diese als zum Zeitpunkt der Versteigerung ja tatsächlich noch eingetragene, also bestehende Grundschulden, tatsächlich übernommen werden. Die Beantragung zur Löschung erleichtert dann lediglich die Finanzierung durch die eigene Bank des Höchstbietenden, da bereits beantragt wurde, dass alte Grundschulden gelöscht werden. Ist dieses Verständnis richtig – also konkret, dass die Grundschulden auch trotz Löschungsvormerkung noch vom Höchstbietenden gezahlt werden müssen und somit das Bargebot entsprechend niedriger ausfallen muss?

        Herzlichen Dank nochmals!

        Viele Grüße
        Stefan Hartmut

        1. Hallo Herr Hartmut,
          zu 1.:
          Die Grunderwerbsteuer muss auf das Gesamtgebot bezahlt werden, also auch auf die übernommene Grundschuld. Wenn Sie aber teilweise schon Eigentümer sind, brauchen Sie die Grunderwerbsteuer nur auf den Teil zu bezahlen, der Ihnen nicht schon vorher gehört hat. Und falls die andere Miteigentümerin Ihre geschiedene Ehefrau sein sollte, brauchen Sie gar keine Grunderwerbsteuer zu zahlen.
          Zu 2.:
          Sie müssen alle Grundschulden übernehmen, welche zum Zeitpunkt des Zuschlags noch im Grundbuch standen, gleichgültig, ob die Bank den Alteigentümern bereits eine Löschungsbewilligung erteilt hat oder nicht. Wenn ein Alteigentümer erwirbt, dem schon eine Löschungsbewilligung vorliegt, dann darf er nach dem Zuschlag von dieser Löschungsbewilligung keinen Gebrauch mehr machen. Ihr Verständnis ist also richtig.
          Eine „Löschungsvormerkung“ ist übrigens etwas anderes. Damit behält sich eine nachrangig eingetragene Bank das Recht vor, die Löschung einer vorrangigen Grundschuld zu verlangen, sobald diese vorrangige Grundschuld nicht mehr valutiert. Damit rückt die nachrangige Bank ja im Rang auf.
          Viele Grüße
          Ihr Klaus Dreyer

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